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Laudatio von Dr. Fred Kurer
anlässl. Vergabe Wederpreis 2011

Nach der gelegentlich ermüdenden Lektüre von ungezählten, durchaus ehrbaren Gedichten trifft er mich wie ein Schlag, dieser männliche, fast unflätige Beitrag, diese Lyrik voller Drive und poetischem Ursound, in dem der Dichter rücksichtslos eine beschissene Welt besingt.

Ein Beatnik gibt sich die Ehre: ein alternder Randalierer ohne Illusion, Biersäufer, Kneipenbruder, Barkneter, Whiskyschlürfer, ein Herumtreiber und Herumgetriebener mit ständigem Heimweh nach einem etwas Anderen, ein - frei nach Hans Sachs - Töfffahrer und Poet dazu. Mit 85prozentiger Verachtung für das Jetzt und einem Erinnerungsrest an ein Früher, wie es hätte sein können.

Um das aufzuzeigen, wozu unser Balzac vom Bodensee, Martin Walser, siebzehn Romane braucht, genügen unserem Dichter wenige Zeilen:
<Wer nicht weglaufen kann, wenn die Bullen kommen
Für den ist es Zeit
Eine Zahnprothese zu tragen und
Den Schwanz einzuziehen (…)
Alt sein ist Scheisse
Wer jung ist, weiss das genau.>

So krass, keine Angst, tönt's nicht immer.
Aber die rasch hingeworfene Beschwörung der Enge dieser Welt, provinziell eng geworden eben durch die Globalisierung (in <Portrait des Dichter als Raucher>) ist grosse Klasse, ebenso die über die Agglos von heute, die Zersiedelung der Schweiz, in diesem Fall durch das ausufernde Basel. Hohn und Spott übertreffen sich gegenseitig, gleichzeitig meldet sich Heimweh nach der Kindheit, der frühen Jugend, nach Sommernachmittag im Dorf, das dem heutigen NEVERLAND zum Opfer gefallen ist. Aber wieder kein Jammern. Wut, Zorn, Verachtung: ja. Aber - in guter Gesellschaft gleichsam mit Brambach und Federspiel - begibt sich der Säufer und Tunichtgut in einen elsässischen Landgasthof, wo er zum genüsslichen, beinah bürgerlichen Esser und Trinker wird. <Der dunkle Wein versüsst unsere Nächte.>

Hier spricht einer, der sich selbst zum Outsider gemacht hat, insgeheim aber vielleicht doch irgendwie dazugehören möchte, mit einem hörbaren Seufzen bis Fluchen zwar, dazugehören, einen kleinen Platz finden in unsrer Gesellschaft.

Der Verfasser der Gedichte - und Anerkennungspreisträger des 7. Heinz Weder-Preises für Lyrik heisst Andreas Fischer und kommt aus Zürich (Schlieren, um genau zu sein, aber das spielt keine Rolle, oder?). Fischer, war, nach einem Studium an der philosophischen Fakultät Schauspieler, Dramaturg, Autor und Regisseur im Bereich Dokumentar-und Auftragsfilme, später, aufgrund eines Unfalls, zu, wie er schreibt, <sitzender Tätigkeit> verurteilt. <Ansonsten>, hält er lakonisch fest: <beruflich und privat in der Welt herum gegondelt, mit allerlei Leuten verkehrt, ein paar Theaterinszenierungen, etwas Multimedia, ein paar Filmpreise, ein paar Ausstellungen.(…) Alles in allem ein Leben, von dem ich nichts missen möchte.>

Mit 71 Jahren einen Preis bei einem renommierten Lyrik-Wettbewerb zu gewinnen, finde ich nicht ohne, Andreas Fischer! <Old Beatnik - Poeme und Balladen> sei, wie Sie bestätigen, Ihr einziger bisher veröffentlichter Gedichtband. Ich hoffe, er möge bald einen Bruder bekommen.

Fred Kurer

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